Ungarn ist nicht nur für deftige Eintöpfe, Paprikagerichte und süße Leckereien bekannt – auch in Sachen Getränkekultur hat das Land einiges zu bieten. Wer jemals in Ungarn zu Gast war, wird früher oder später auf zwei ganz besondere Spezialitäten stoßen: Pálinka, den kräftigen Obstbrand, und Tokajer, den edelsüßen Wein aus dem Nordosten des Landes.
In diesem Beitrag nehmen wir dich mit auf eine kleine Reise zu Ungarns flüssigen Nationalheiligtümern – von Geschichte und Herstellung bis hin zum Genusserlebnis.


Was ist Pálinka?
Pálinka ist ein hochprozentiger Obstbrand, der traditionell aus verschiedenen Früchten wie Aprikosen, Pflaumen, Birnen, Kirschen oder Äpfeln hergestellt wird. Der Alkoholgehalt liegt meist zwischen 40–60 % – nichts für schwache Nerven, aber ein echtes Stück ungarischer Seele.
🔸 Herkunft und Tradition:
Pálinka wurde bereits im Mittelalter gebrannt und war lange Zeit ein Hausgetränk, besonders auf dem Land. Heute ist es geschützt durch die EU – echter Pálinka darf nur in Ungarn (und Teilen Siebenbürgens) hergestellt werden, mit 100 % ungarischem Obst und ohne Zuckerzusatz.
🔸 Beliebte Sorten:
- Barackpálinka – Aprikose (besonders aus Kecskemét)
- Szilvapálinka – Pflaume
- Körtepálinka – Birne
- Cseresznyepálinka – Kirsche
🔸 Genusstipp:
Pálinka trinkt man nicht als „Shot“, sondern langsam, aus kleinen tulpenförmigen Gläsern, bei Zimmertemperatur. Perfekt als Aperitif oder Digestif – und fast immer verbunden mit einem „Egészségedre!“ (Prost!).
Tokajer – Der König der ungarischen Weine
Tokaji ist ein edelsüßer Weißwein aus der Region Tokaj-Hegyalja, einer UNESCO-Weltkulturerbe-Weinregion. Er zählt zu den ältesten und berühmtesten Dessertweinen Europas und wurde einst als „Wein der Könige, König der Weine“ von Ludwig XIV. bezeichnet.
🔸 Besonderheit:
Tokajer entsteht durch die Verwendung von „Aszú“-Trauben – edelfaule, schrumpelige Beeren, die durch den Edelschimmel Botrytis cinerea konzentriert werden. Sie verleihen dem Wein eine honigartige Süße und komplexe Aromen.
🔸 Typen von Tokajer:
- Tokaji Aszú – Süßer Wein mit mehreren „Puttonyos“ (Angabe der Süße)
- Tokaji Szamorodni – Halb-süß oder trocken
- Tokaji Eszencia – Extrem süß, sehr selten, fast sirupartig
🔸 Genusstipp:
Tokajer passt hervorragend zu Blauschimmelkäse, Gänseleber, Desserts oder als eleganter Solowein zum Ausklang eines Abends. Unbedingt leicht gekühlt servieren (10–12 °C).
Fazit: Flüssige Kulturgeschichte mit Charakter
Ob fruchtig und feurig wie Pálinka oder samtig und edel wie Tokajer – beide Getränke erzählen von ungarischer Handwerkskunst, Geduld und Liebe zum Genuss. Sie gehören genauso zur Esskultur wie Gulyás oder Lángos – und verdienen ihren Platz im Glas wie auf dem Blog.
